Erklärung der Evangelischen Kirche in Köln und Region
Die Verbandsvertretung der vier Kirchenkreise im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region hat sich auf ihrer Sitzung am 29. Juni mit dem erstarkten Antisemitismus in unserer Gegenwart, auch in Köln, beschäftigt.
Mit großer Sorge hat sie dem aktuellen Bericht „Antisemitische Vorfälle in Köln 2023“ der Fachstelle gegen Antisemitismus im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln entnommen, dass nach dem 7. Oktober 2023 in Köln „mehr als eine Verdopplung antisemitischer Vorfälle im Vergleich zum Jahr 2022“ zu verzeichnen sind. „Es waren vorher schon viel zu viele. Seit dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober ist kein Tag in Köln ohne antisemitischen Vorfall vergangen. Über 60% der dokumentierten antisemitischen Übergriffe in Köln des Jahres 2023 fanden nach dem 7. Oktober statt .“ Situationen im öffentlichen Raum, in Schulen, an Gedenkorten, Kultur- und Bildungsveranstaltungen – es gibt keinen gesellschaftlichen Kontext, der nicht Ort von Übergriffen werden konnte.
Mit Bedrückung nimmt die Verbandsvertretung die an uns und die ganze Stadtgesellschaft gestellte Frage von Bettina Levy, Vorstandsmitglied der Synagogengemeinde Köln, auf: „Juden und Jüdinnen in dieser Stadt fragen: `Sind wir noch zu Hause in Köln?´“.
Wir nehmen sehr deutlich wahr, wie real und lebensbedrohend die Gefahr des Antisemitismus für unsere jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn an jedem Tag des Lebens ist.
Wir spüren, wie wichtig es ist, Jüdinnen und Juden sehr ernst zu nehmen und ihnen zuzuhören, wenn sie von Erfahrungen mit antisemitischer Adressierung, Ausgrenzung, Gewalt berichten.
Das Massaker des 7. Oktober 2023 gegen Israel stellt in dieser Hinsicht eine Zäsur dar. Es fordert uns Christinnen und Christen in unserer kirchengemeindlichen Arbeit, in der schulischen, Familien- und Erwachsenenbildung, in unserem Engagement im Quartier und in der Bürgergesellschaft heraus. Noch stärker als bisher müssen wir solidarische Positionierungen und angemessene Handlungsstrategien gegen Antisemitismus erproben und auch zum Gegenstand interreligiöser Beziehungen in der Stadt machen. Der Widerspruch gegen Antisemitismus ist nicht nur die Sache einiger weniger, sondern eine Verantwortung aller Christinnen und Christen.